Es ist gar nicht mal so lange her, da standen das World Wide Web, E-Mail, DVD, Blue-Ray, CD-ROM (was zum Henker ist eine CD-ROM?) und Co. stellvertretend für die sogenannten Neuen Medien. Mittlerweile wissen wir, dass die Digitalisierung und insbesondere das Internet die Mediennutzungsgewohnheiten stark verändert haben – die Auswirkungen auf die Gesellschaft lassen sich vergleichen mit denen nach der Erfindung des Buchdrucks Mitte des 15. Jahrhunderts.
Die Anzahl der Suchanfragen über mobile Geräte wie Tablets oder Smartphones übersteigen schon seit langem die von Desktop-PCs und Notebooks. Konsequenterweise werden seit Ende April 2015 (Google Mobile Update) „mobile Webseiten und installierte Apps als wichtige Ranking-Faktoren bei Google herangezogen.“
Deutsche übrigens gelten als aktive App-Nutzer, wie eine weltweite Untersuchung des Berliner App-Analyse-Unternehmens Adjust 2018 ergab. Nur gut, denn die seit vergangenem Dienstag veröffentlichte Corona-Warn-App bedarf viel Zulauf, damit sie funktioniert. Dabei geistert immer wieder die Zahl 60 durch die Öffentlichkeit. Sie besagt, dass, wenn etwa 60 Prozent der Bevölkerung die App nutzen würden, die Pandemie gestoppt werden könne. Doch dies ist nur die halbe Wahrheit. Da sich seit April und dem Lockdown die Fallzahlen stark reduziert haben, genügen bereits 15 Prozent mitmachender Bevölkerung, um Corona Einhalt zu gebieten. Glücklicherweise verlief der Start vielversprechend. Der Google Play Store und Apple haben in Summe mehrere Millionen entsprechende Downloads gemeldet, wie das ZDF berichtet.
Der deutsche Gesundheitsminister Jens Spahn hatte die App ja ursprünglich für April 2020 angekündigt. Diese Verzögerung und das rückläufige Infektionsgeschehen lassen die durchaus begründete Frage zu, warum überhaupt noch diese App fertiggestellt wurde beziehungsweise ob sie nicht zu spät kommt.
Für Lucie Abeler-Dörner, wohnhaft in Großbritannien und Forscherin an der Oxford-University zu diesem Thema, ist die Sache klar: „Wir müssen die App als Chance sehen, die Bekämpfung der Epidemie in die eigene Hand zu nehmen. Je mehr Leute mitmachen, desto wahrscheinlicher ist es, dass keine zweite Welle kommt.“
Paradox: Deutsche gelten gleichzeitig als Handymuffel, wie eine weitere (aus diesem Frühjahr stammende) Umfrage eines Meinungsforschungsinstitutes ergab. Bleibt zu hoffen, dass die Einsicht in die Notwendigkeit obsiegt und möglichst viele Menschen mitmachen, denn nur so kann das Ganze auch ein Erfolg werden.
In diesem Sinne: Mach es mit App
Steffen Sieboth