Der Begriff Optimismus wurde im 18. Jahrhundert dem französischen optimisme, einer Bildung zum lateinischen optimus, entlehnt und wird seitdem in seiner heute üblichen Bedeutung verwendet. Gemäß dem Duden Herkunftswörterbuch stand der Begriff als „philosophisches Schlagwort“ aber auch für die Theodizee Gottfried Wilhelm Leibniz‘ und seiner Lehre, „wonach diese Welt die beste von allen möglichen sei und (…) das geschichtliche Geschehen ein Fortschritt zum Guten und Vernünftigen“.
Ok. Beim Blick in die Zeitungen und Nachrichtenportale derzeit kommen mir diesbezüglich jedoch so meine Zweifel. Zu einem lauen Spätsommer und dem gefühlt unmittelbar bevorstehenden Herbst gesellen sich täglich neue Schreckensmeldungen: Die erneute Machtübernahme der scheinbar omnipotenten Taliban in Afghanistan, Corona, täglich steigende Inzidenzen und eine daraus resultierende vierte Welle, diverse Varianten usw. Puh.
Und dennoch blicke ich wie die Mehrheit meiner Mitmenschen auch der Zukunft durchaus optimistisch entgegen. Gleichwohl vermag ich nicht so genau zu begründen, worauf dieser Optimismus eigentlich beruht. Bisher jedenfalls handelte ich zumeist nach der Devise: Wir werden das Kind schon schaukeln. Als mittelaltes Semester im oberen Segment lassen mich meine Erfahrungen hoffentlich auch zukünftig an dieser Denk- und Verhaltensweise festhalten.
Es gab da ja mal diese bekannte Google-Werbung, die uns sinngemäß weismachen wollte, dass trotz des vielen Unrechts und zahlreicher Menschheitsprobleme die positiven und optimistischen Anfragen an die hauseigene Datenbank überwiegen. Recht so! Denn letztendlich beflügeln eine positive und hoffnungsvolle Grundeinstellung auch ein Gefühl von „ich kann etwas ändern“, wie es die junge Fridays-for-Future-Aktivistin Hannah Pirot treffend postuliert.
Dabei vermögen freilich auch negative Gedanken Wunder zu bewirken, wie die Wissenschaft zeigt. Denn Menschen, die sich mit künstlich antrainierten Gedanken über Wasser halten, laufen tatsächlich Gefahr, den Blick für die Realität zu verlieren. Wer mit erschwerenden Umständen rechnet, bereitet sich womöglich auch besser vor. Außerdem verleitet zu viel Optimismus unter Umständen zu risikoreicherem Verhalten.
Und so verhält es sich wie so oft: Der Teufel steckt im Detail. Dennoch ist die Welt für mich eine hauptsächlich „optimistische Schöpfung“; denn, um auch weiter mit den Worten des 1970 verstorbenen, französischen Schriftstellers Jean Gionos zu sprechen: „Alle Vögel singen in Dur“ :).
Steffen Sieboth
Anmerkung (Foto-Quellennachweis): Photo by Clark Tibbs at Unsplash